Montag, 21. Oktober 2013

Schalter #1

Form: mechanisch

Erscheinung: Der Schalter ist in einer beliebigen Käse-Packung (400g Altdeutscher Gouda der Marke »Brodenkoop« der Firma »Landhaus Grobenick«) unter der vorletzten Scheibe Käse zu finden. Es handelt sich dabei um einen kleinen Knopf aus Aluminium, der in einem Gehäuse aus Carbon steckt. Er ist etwa 1,2mm hoch, 3mm lang und 3mm breit. Die gesamte Konstruktion ist hellgelb gefärbt und somit kaum vom umgebenden Käse zu unterscheiden, riecht jedoch nach altem Kerzenwachs und schmeckt (bei versehentlichem Verzehr) nach Brühwurst.

Bedingung: Der Knopf muss physisch betätigt (gedrückt) werden. Hierzu ist lediglich der Zeigefinger der rechten Hand verwendbar. Der Fingernagel des verwendeten Fingers darf maximal 4cm lang und muss dabei sauber geschnitten sein. Der Winkel des drückenden Fingerglieds zum vorherigen darf nur zwischen 23° und 78° betragen. Der gesamte Finger (nicht aber einer der anderen Finger oder der Rest der Hand) muss nach Tomatenketchup riechen (dies umfasst auch besondere Geschmacksrichtungen wie Curry, Chili etc.). Der Name der den Schalter betätigenden Person darf nicht »Rowan Kröse« und auch nicht »Norbert Gurk« lauten. Wenn die betätigende Person am Tag der Betätigung zum Mittag mindestens eine Scheibe Brot gespeist hat, muss der Druck auf den Knopf exakt 43,5 Sekunden dauern.

Wirkung: Bei Betätigung beginnt um exakt 03:44 Uhr des nächsten Tages (02:44 Uhr wenn es ein Sonntag ist) in Knopendorf im alten Landhaus in der Ellinghausstraße ein für zuletzt (vom Dorfarzt) für tot befundener Gockel eine Melodie zu summen (C-E-Ges). Daraufhin verwandelt sich der dem Eingang nächste Dachbalken des Landhauses in eine Kühltruhe. Herr Boskopp erwacht, tritt nackt auf die Straße vor seinem Haus und ruft laut »Doroban! Doroban!« Neben ihm landet eine Taube und beginnt mit ihrem Schnabel, am kleinen Zeh seines linken Fußes zu kratzen. Außerhalb Knopendorfs rücken sämtliche Tannen in der Welt einen halben Millimeter nach links, rechts, oder aufwärts. Sich in der Nähe befindliche Förster und gänzlich Unbeteiligte können sich verstört auf den Rücken legen, werden jedoch von einem Eimer gelber, blauer oder roter Farbe übergossen, der plötzlich aus dem nächsten Astloch hervorschießt, sein Werk verrichtet und sich dann in Zuckerwatte verwandelt. In Görstadt beginnen alle Fahrzeuge mit mehr als zwei Rädern nach verschimmelter Essiggurke zu riechen. Davon nicht betroffen sind lediglich LKW mit blauen Planen oder einem Fahrer mit einem Hüftumfang von mehr als 193cm.

Dienstag, 1. Oktober 2013

Fragment #10: Der Karren

Der Regen ergießt sich bereits in Strömen, als der Ochse zusammenbricht. Die Beine zittern und schwanken, und geben schließlich nach. Mit leisem Schmatzen fallen Kopf und Körper in den Schlamm und sinken hinein.

Daneben steht der Mann, die Hände vor das Gesicht geschlagen. Von den Ellenbogen und den krummen Knien tropft ihm das Wasser. Hemd und Hose sind dunkelbraun vor Nässe. Das Leder seiner Schuhe ist schon weit in den lehmigen, grauen Boden gesunken.

Auch die hölzernen Räder des Karrens stehen tief im Schlamm. Der Regen tropft schwer an den Speichen. An den Seiten der Ladefläche rinnt er hinab und durch die Spalten der ungerade gearbeiteten Balken hindurch.

Noch ein wenig atmet das Tier, doch die Geister erlischen bereits. Nur der einst mächtige Körper stemmt sich noch nass und mit letztem Zucken gegen das Vergehen.

Der Mann hält die Hände nun gesenkt und der Regen tropft von seinen gekrümmt hinab hängenden Fingern. Die Haut ist aufgequollen und gerötet. Unter den Nägeln klebt schwarz der Schmutz. Der Kopf ist herab gesenkt, das bärtige Kinn ruht auf der Brust. Die Augen blicken zu Boden und darüber hängen die ungeschnittenen Haare, schwarz vor Nässe, und das Wasser strömt und stürzt in kleinen Bächen daran hinab und in den lehmigen Boden hinein.

Der Wagen steht weiter unbewegt da, der Regen prasselt laut auf das Holz. Die Ladefläche ist leer.

Über allem erstreckt sich der schwere graue Wolkenhimmel, aus dem sich ohne Unterlass das Wasser ergießt. Keine Fuge, keine helle Fläche ist zu sehen. Erst am Horizonts verschmelzen Himmel und Erde im selben Dunkel. Die Landschaft darunter ist karg und eben, kein Baum, kein Strauch, kein Stein ist in der Nähe, kein Dorf, keine Stadt, kein Schloss in der Weite zu erkennen.

Irgendwann beginnen sich die Lippen des Mannes zu bewegen. Es ist kein Zitter oder Zucken, doch es sind auch keine klaren Worte, nur ein im Rauschen des Regens unhörbares Stammeln. Noch einmal heben sich die Augen, blicken dem Horizont entgegen, an dem Himmel und Erde im Dunkel zusammenfließen. Dann biegen sich die Beine und der ganze Körper beginnt, hinab zu sinken, zunächst langsam dann immer schneller, bis erst die Knie mit sachtem Klatschen in den Boden gleiten und bald schon der gesamte Körper voran kippt und, mit leisem Schmatzen, vom Schlamm empfangen wird.